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   BVerfG, 27.01.2015 - 1 BvR 1181/10   

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BVerfG, 27.01.2015 - 1 BvR 1181/10 (https://dejure.org/2015,82890)
BVerfG, Entscheidung vom 27.01.2015 - 1 BvR 1181/10 (https://dejure.org/2015,82890)
BVerfG, Entscheidung vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 1181/10 (https://dejure.org/2015,82890)
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Wird zitiert von ... (14)

  • BAG, 27.08.2020 - 8 AZR 62/19

    Kopftuchverbot - Benachteiligung wegen der Religion

    Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2015 (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -) geforderte hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität habe das beklagte Land nicht dargetan.

    (1) Nach der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 83, BVerfGE 138, 296) gewährleistet der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ( Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG ) auch den Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, den Regeln ihres Glaubens gemäß einem religiösen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs der Fall sein könne, wenn dies hinreichend plausibel begründet werde.

    Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Beschluss vom 27. Januar 2015 (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 80 ff., BVerfGE 138, 296) ferner ausgeführt, dass das in § 57 Abs. 4 SchulG NW enthaltene generelle Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild, namentlich des Tragens eines sog. islamischen Kopftuchs, das bereits die abstrakte Gefahr einer Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität ausreichen lasse, mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Lehrkraft jedenfalls dann unangemessen und damit unverhältnismäßig sei, wenn dieses Verhalten nachvollziehbar auf ein als verpflichtend verstandenes religiöses Gebot zurückzuführen sei.

    Ein angemessener, der Glaubensfreiheit der sich auf ein religiöses Bedeckungsgebot berufenden Pädagoginnen hinreichend Rechnung tragender Ausgleich mit den gegenläufigen verfassungsrechtlich verankerten Positionen - nämlich der negativen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern nach Art. 4 Abs. 1 GG, des Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG und des staatlichen Erziehungsauftrags nach Art. 7 Abs. 1 GG, der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulicher und religiöser Neutralität zu erfüllen sei - erfordere in diesem Fall eine einschränkende Auslegung der Verbotsnorm dahin, dass zumindest eine hinreichend konkrete Gefahr für die staatliche Neutralität oder den Schulfrieden vorliegen müsse (BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 101, 115, aaO; in diesem Sinne auch BVerfG 18. Oktober 2016 - 1 BvR 354/11 - Rn. 61) .

    (2) An diese, sich aus den tragenden Gründen der zu § 57 Abs. 4 SchulG NW ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 80 ff., BVerfGE 138, 296) ergebenden Grundsätze ist der Senat nach § 31 Abs. 1 BVerfGG auch für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der mit § 57 Abs. 4 SchulG NW im wesentlichen vergleichbaren Bestimmung ("Parallelvorschrift") in § 2 Berliner NeutrG gebunden.

    Dabei hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich auf die diesbezüglichen Ausführungen des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts unter Rn. 105 des Beschlusses vom 27. Januar 2015 (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - BVerfGE 138, 296) Bezug genommen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er sich hiervon keinesfalls distanziert, sondern insoweit dieselbe Rechtsauffassung vertritt.

    Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 132, BVerfGE 138, 296) .

    Insoweit ist die Frage zu beantworten, ob im Einzelfall aufgrund bestehender Konfliktlagen, die ihre Ursache im Tragen auffallender religiös konnotierter Kleidungsstücke haben oder durch diese geschürt werden, die schulischen Abläufe und/oder die staatliche Neutralität tatsächlich ernsthaft in einem Maße beeinträchtigt sind, dass von einer konkreten Gefahr für diese Schutzgüter gesprochen werden kann (vgl. BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 113, BVerfGE 138, 296) .

    Zwar beruhen Konfliktlagen auf dem Verhalten der beteiligten Personen; das ändert aber - entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes - nichts daran, dass sich die Frage, ob substantielle Konflikte (vgl. hierzu BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 114, aaO) tatsächlich bestehen und diese die schulischen Abläufe oder die staatliche Neutralität tatsächlich in einem für die Annahme einer Gefahr für diese Schutzgüter erheblichen Maße beeinträchtigen, nicht nach rein subjektiven Erwägungen der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern beantwortet.

    Letztlich kann auch offenbleiben, ob und ggf. welche Auswirkungen der Umstand hat, dass das Grundgesetz zwar für den Staat die Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität begründet, die danach gebotene Neutralität allerdings nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu verstehen ist, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung und dass dies auch für den vom Staat in Vorsorge genommenen Bereich der Schule gilt, für den seiner Natur nach religiöse und weltanschauliche Vorstellungen von jeher relevant waren (vgl. BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 108 ff., BVerfGE 138, 296) .

    Die hiervon möglicherweise ausgehende Gefahr für die unionsrechtlich geschützten Rechtsgüter der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern besteht nämlich regelmäßig nur dann, wenn sich die Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts oder anlässlich der Wahrnehmung von Aufsichtstätigkeiten durch die Lehrkraft ohne Ausweichmöglichkeit einer/m vom Staat angestellten Lehrer/in gegenübersehen, die/der solche Symbole oder Kleidungsstücke - zB ein islamisches Kopftuch - trägt (vgl. in diesem Sinne BVerfG 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Rn. 104, BVerfGE 138, 296) .

  • VG Kassel, 28.02.2018 - 1 K 2514/17

    Kopftuchverbot für eine Beamtin der Kommunalverwaltung (Abteilung Allgemeine

    Die Klägerin kann sich als Beamtin auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.09.2003, 2 BvR 1436/02, BVerfGE 108, 282, 297 f. [BVerfG 24.09.2003 - 2 BvR 1436/02] ; für Angestellte im öffentlichen Dienst BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015, 1 BvR 471/10, BVerfGE 138, 296, 328 [BVerfG 27.01.2015 - 1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10] , vgl. auch StaatsGH, a. a. O., NVwZ 2008, 199, 200).

    Der sachliche Schutzbereich des umfassend zu verstehenden einheitlichen Grundrechts aus Art. 4 GG umfasst die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sowie die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben (BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015, 1 BvR 471/10, BVerfGE 138, 296, 328 [BVerfG 27.01.2015 - 1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10] m. w. N.).

    Ausgangspunkt ist das Selbstverständnis des einzelnen Grundrechtsträgers, wobei staatliche Organe prüfen und entscheiden dürfen, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, ob es also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat (BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015, 1 BvR 471/10, BVerfGE 138, 296, 328 [BVerfG 27.01.2015 - 1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10] ).

  • ArbG Berlin, 09.05.2018 - 60 Ca 8090/17

    Einsatzort einer Lehrerin mit Kopftuch

    Der vorstehend erwähnte Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes "vom 29. Januar 2015" (- 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht [EzA] Nummer 3 zu Artikel 4 Grundgesetz) datiert tatsächlich auf den 27. Januar 2015.

    Hierbei wird nicht übersehen, dass das Bundesverfassungsgericht Gesetze ähnlicher Stoßrichtung aus den Bundesländern Nordrhein-Westphalen (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10 - EzA Nummer 3 zu Artikel 4 Grundgesetz) und Baden-Württemberg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Oktober 2016 - 1 BvR 354/11 - Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht [NZA] 2016, 1522-1527) bereits aus dem Gesichtspunkt der durch Artikel 4 Absatz 1 und 2 Grundgesetz (GG) garantierten Religionsfreiheit beanstandet hat.

    Es verbietet sich, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfG, 27.01.2015, 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10 und BVerfG, 18.10.2016, 1 BvR 354/11, jeweils am angegebenen Ort).

    Freilich setzt das Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg in seiner Positionierung auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10 - ) auf.

  • VGH Bayern, 22.10.2015 - 10 B 15.1320

    Partei "Die Freiheit" darf vom Verfassungsschutz beobachtet werden

    Dementsprechend ist es dem Staat auch verwehrt, die Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als richtig oder falsch zu bezeichnen (vgl. BVerfG, U.v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10 1 BvR 1181/10 - juris Rn. 86; BVerwG, U.v. 14.5.2014 - 6 A 3.13 - juris Rn. 36).
  • VGH Bayern, 22.10.2015 - 10 B 15.1609

    Partei "Die Freiheit" darf vom Verfassungsschutz beobachtet werden

    Dazu gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben (vgl. BVerfG, U. v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - juris Rn. 85 m. w. N. der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

    Dementsprechend ist es dem Staat auch verwehrt, die Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als richtig oder falsch zu bezeichnen (vgl. BVerfG, U. v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - juris Rn. 86; BVerwG, U. v. 14.5.2014 - 6 A 3.13 - juris Rn. 36).

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 22.11.2023 - 19 D 269/21

    Privatschulgewährleistung; Ersatzschule; eigener Art; Lehrer;

    Dazu BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -, BVerfGE 138, 296, juris, Rn. 99, 141 (Kopftuch II).
  • OLG Frankfurt, 03.02.2022 - 7 WF 179/21

    Kindschaftssachen: Fiktive Terminsgebühr für den Erörterungstermin

    Denn die Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - juris Rn. 132 mwN; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2000 - XII ZB 427/19 - juris Rn. 37 f. mwN).
  • VGH Baden-Württemberg, 23.03.2020 - 12 S 299/19

    Kein Anspruch auf Rücknahme einer bestandskräftig gewordenen Ausweisungverfügung,

    Die Europäische Menschenrechtskonvention hat aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich den Rang eines Bundesgesetzes; diese Rangzuweisung führt dazu, dass die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden ist (vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 27.01.2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 - juris Rn. 149 und vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 - juris Rn. 30 ff.).
  • VG Arnsberg, 09.05.2022 - 2 L 102/22
    vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17 -, a.a.O., sowie HessVGH, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 1 B 1056/17 -, a.a.O. (zur Vorschrift des § 45 des Hessischen Beamtengesetzes vom 27. Mai 2013); Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 7. März 2018 - 3 BV 12.2040 -, juris (Rn. 33, 38 f.); vgl. ferner BVerfG, Urteile vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -, juris, sowie vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris.
  • VG Hamburg, 09.04.2020 - 9 E 1605/20

    Erfolgloser Eilantrag gegen das aus der Corona-Verordnung folgende Verbot von

    Zu solchen verfassungsimmanenten Schranken zählen insbesondere die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (BVerfG, Beschl. v. 27.1.2015, 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, juris Rn. 98; BVerwG, Urt. v. 4.7.2019, 3 C 24/17, juris Rn. 18).
  • LSG Niedersachsen-Bremen, 28.02.2017 - L 9 AS 1157/16
  • VG Köln, 26.10.2021 - 6 K 7254/18
  • AGH Hamburg, 16.01.2023 - AGH I ZU (SYN) 16/17

    Zulassung als Syndikusrechtsanwalt: Anwendbarkeit der Neuregelung; Erbringung von

  • OVG Sachsen, 19.07.2016 - 5 B 55/16

    Vorläufiger Rechtsschutz, Unterlassungsanspruch, Sächsischer

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